Mittwoch, 30. September 2009

Umgezogen

Wer sich hierhin verirrt hat, sei bitte freundlich weitergeleitet an

www.rot-auf-weiss.de

Hier passiert nichts mehr, dort passiert alles, was hier passiert ist.

Samstag, 29. August 2009

Karaoke-Karaoke


Das Computerspiel Singstar ist sicher Schuld daran, dass sich in Karaoke-Bars immer weniger Leute zum Affen machen. Wieso sollte man sich schließlich in der Öffentlichkeit mit schiefem Gesang blamieren, wenn es doch lustiger und sicherer ist, das zu Hause nur mit und vor den Freunden zu tun?
Grundsätzlich ist diese Blamier-Unwilligkeit ja zu begrüßen, wäre sie nicht durch ein neues, noch schwerer ertragbares Karaoke-Bar-Phänomen ersetzt worden: Dem Ich-Brauche-Bestätigung-Singen.

Seit langer Zeit war ich gestern wieder in einer Karaoke-Bar. Am DJ-Pult stand ein ganzer Pulk aufgedonnerter Damen und schmalzgegelter Herren, die den ganzen Abend lang nichts tranken. Stattdessen reichten sie das Mikrofon untereinander herum. Sie wollten sich darin überbieten, Songs, die eigentlich längst hätten vergessen sein müssen ("Torn" von Natatlie Imbruglia) zu singen.
Alles deutete darauf hin, dass diese Truppe das jeden verdammten Freitagabend macht. Dass sie sozusagen als gratis Alleinunterhalter-Truppe auftritt.

Dass die Freunde die Karaoke-Maschine zum Singen schon längst nicht mehr brauchen, bewiesen sie dadurch, dass sie stets die Augen geschlossen hatten (die Gefühle sind einfach zu stark). Dass die meisten Gesangsunterricht nehmen, zeigte sich daran, dass sie die Hand auf den Bauch legten, um die eigene Resonanz zu kontrollieren.
Das Problem ist natürlich, dass so etwas noch weniger unterhaltsam ist, als wenn sich Leute zum Deppen machen. Und niemand traut sich in einer Karaoke-Bar, sich zum Deppen zu machen, wenn die anderen Sänger sich dem Deppen-Sein verweigern. Das komplette Karaoke-Bar-Konzept wird also über den Haufen geworfen.

Ich habe mir gestern Abend eine Lösung für das Problem ausgedacht: Der neue Trend könnte Karaoke-Karaoke heißen. Das heißt, man nutzt den eigentlichen Karaoke-Sänger als Vorlage für die eigene Karaoke. Stellt sich also neben ihn, bewegt die Lippen zu seinem Gesang mit und versucht durch viel Körpereinsatz und wilde Tanzperformance (auf beides verzichten die Ich-Brauche-Bestätigung-Sänger nämlich) zu punkten.

Ich habe es ausprobiert: Es macht Spaß, die Leute in der Bar johlen und der Lohn ist ein wütender bis gekränkter Blick des Sängers, dem die Show gestohlen wurde.

Ich hoffe, der Trend setzt sich durch.


Foto: s.o.f.t. http://www.flickr.com/photos/soft/1173493926/

Mittwoch, 26. August 2009

Der Alptraum-Macher


Roman Polanski kommt am 3. Oktober nach Köln, um den noch recht jungen Filmpreis Köln entgegenzunehmen. Das heißt, man bekommt die Chance, die kein US-Amerikaner seit 1977 hat: Dem Film-Genie persönlich zu begegnen.
Ich werde versuchen, am 3. Oktober so nah wie möglich an Polanski ranzukommen. Ich habe noch eine Rechnung mit ihm offen. Keine Sorge, ich habe kein Attentat vor. Ich will nur den Mann mit eigenen Augen sehen, der mir den schlimmsten Alptraum meines Lebens eingebracht hat. Ich will mich überzeugen, dass dieser Kerl tatsächlich nur ein zierliches Männchen mit einem jungenhaften Gesicht ist, dem man zunächst alles zutraut, nur nicht, dass er sich an einem 13-jährigen Mädchen vergreift.

Hinter manchem Polanski-Film vermutet man allerdings einen Filmemacher, der permanent mit inneren Dämonen zu kämpfen hat. Der weder seine Erlebnisse im 2. Weltkrieg noch den Mord an seiner ersten Frau Sharon Tate verarbeitet hat. Und der dazu fähig ist, diese Dämonen aus seinem Kopf zu holen und auf den Zuschauer zu hetzen. Das hat er jedenfalls bei mir gemacht, als ich vor drei oder vier Jahren zum ersten Mal den Film "Bitter Moon" gesehen habe. 

Soweit ich mich erinnern kann, habe ich mich das erste Mal in meinem Leben vor einem Film gefürchtet (und ich meine wirklich GEFÜRCHTET), als ich mit 11 Jahren im Nachtprogramm heimlich eine Folge der "Nightmare on Elm Street"-Reihe sah. In erster Linie erschreckte ich mich natürlich vor Freddy Krüger, der mit seinen schlechten Klamotten und seinen mauen Scherzen so etwas wie der böse Zwilling von Thomas Gottschalk ist. Was "Nightmare" allerdings von anderen Slasher-Filmen unterscheidet, ist die perfide Idee, dass man in seinen Alpträumen heimgesucht wird. Hier funktioniert der Trick nicht, dass man schnell in sein Bett läuft, um einzuschlafen, damit am nächsten Morgen wieder alles gut ist. Nach "Nightmare" hatte ich panische Angst davor, einzuschlafen.

Perfekter kann ein Schocker nicht funktionieren. Und während als Teenie in mir langsam die Leidenschaft für Horror-Filme wuchs, wuchs auch der masochistische Wunsch, noch einmal von einem Film so erschreckt zu werden wie in jener Nacht vor "Nightmare".
Je älter ich wurde, desto sicherer, dass es diesen Film nicht gibt. Ich entwickelte die Theorie, dass sich nur Kinder wirklich vor Horror-Filmen ängstigen können und spielte mit dem Gedanken, eine Petition in Umlauf zu bringen, dass Horror-Filme grundsätzlich ab 6 freigegeben werden sollten, damit sie die Chance haben, ihre volle Wirkung zu entfalten.

Mit Polanski hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte den "Tanz der Vampire" gesehen (natürlich ein großartiger Film!) und war enttäuscht gewesen, dass er zu lustig zum Gruseln war. "Rosemary's Baby" (natürlich auch fantastisch!) hat mich wahrscheinlich nicht das Fürchten gelehrt, weil ich nicht schwanger werden kann.

Und dann kam "Bitter Moon". Es war bereits nach ein Uhr, und ich wollte mich von einem Film in den Schlaf rieseln lassen. Da in der ersten Szene Hugh Grant auftauchte, rechnete ich mit einem Schmacht-Filmchen, das perfekt dafür geeignet ist. Doch "Bitter Moon" ist perfide. Der Film könnte ein Produkt aus Freddy Krügers Alptraumfabrik sein. Es geht in erster Linie um das Ehepaar Mimi (Polanskis Frau Emmanuelle Seigner) und Oscar (Peter Coyote), das sich in eine Beziehung voller Leidenschaft stürzt. Die sexuellen Praktiken der beiden werden schleichend immer obszöner und für das Paar zur Sucht. Das mündet in einem Psychokrieg, der sich aus der Abhängigkeit des Paares voneinander nährt.

Ich war gefesselt. Der Film schaffte es, jede Müdigkeit aus mir raus- und mich selbst aufzurütteln. Ich weiß bis heute nicht, was Polanski da gemacht hat, doch "Bitter Moon" wühlte mich so auf, dass ich nicht mehr einschlafen konnte - dass ich mich fühlte wie damals mit 11 Jahren nach meinem "Nightmare"-Erlebnis. Ich wollte wie damals nicht einschlafen, weil ich wusste, dass ich schlecht träumen würde. Und das tat ich dann auch, als mir die Augen dann doch zwischen sechs und sieben Uhr zufielen. Das schaffte seitdem kein Film mehr. (Nicht einmal Lars von Triers misanthropisches Machwerk "Antichrist".)

Bis heute begreife ich nicht recht, was mit mir passiert, wenn ich den Film sehe. Es ist, als würde er zwischen den Zeilen - entschuldigt bitte den Pathos - mit giftigen Pfeilen auf die empfindlichsten Stellen der Seele schießen. Der Film lässt einen an die Liebe glauben, um dann zu sagen, dass die Liebe die zerstörerischste Kraft überhaupt ist.
Diese Metapher kommt hervorragend im folgenden Ausschnitt rüber - ein erotischer Tanz, der ganz eklig zwischen Leidenschaft und Wahnsinn pendelt:



Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass "Bitter Moon" erahnen lässt, wie Polanski sich in seinen dunkelsten Stunden fühlt.

Dienstag, 25. August 2009

Schokolade statt Plastik


Von Heidi Klum gibt's jetzt 'ne Barbie, ab September steht sie in den Läden. "Ich glaube, dass es der Traum aller kleinen Mädchen ist, eine Barbie zu besitzen", sagt dat Klums Heidi dazu. Und: "Meine hat ein tolles, pink-goldenes Kleid und goldene High-Heels an, außerdem hat sie schöne Wimpern." Ja. Und wenn sie ein Mensch wäre, hätte sie einen Body Mass Index von geschätzten 14, verkrüppelte Füße, Atemnot, ein zementiertes Dauergrinsen im ausdruckslosen Gesicht, keine Periode, und sie könnte nicht aufrecht stehen. Klingt eher nach einem Alptraum, oder?

Mal ernsthaft: Es hungern sich schon genug kleine und auch große Mädchen fast zu Tode, um Modelmaße zu erreichen, die kein Mensch außerhalb des Laufstegs braucht. Über Heidi Klum mag man sich streiten. Ich persönlich halte sie für eine gute Geschäftsfrau und finde, dass sie für ein Model erfrischend gesund und fit aussieht neben den vielen skelettösen Twiggy-Verschnitten. Unbestritten ist wohl, dass sie für Millionen von Teenies ein Vorbild ist. Und da stellt sie sich neben diese antiquierte Plastikpuppe und klatscht begeistert in die Hände?! Da bleibt nur zu hoffen, dass dieses Produkt den Weg unter so wenige Weihnachtsbäume wie möglich findet. Stattdessen, liebe Eltern: Schokolade schenken!

Hier kommt Kurth

Man fragt sich wirklich, welcher OB-Kandidat hipper ist: Jürgen Roters (SPD), der in der ganzen Stadt herzliche Zusammenarbeit mit seinen Abgeordneten verspricht, indem er sich auf den Wahlplakaten lächelnd hinter sie montiert oder Peter Kurth, der auf schicken Schwarz-Weiß-Postern demonstriert, dass auch in Köln "hochwertiges" Design seinen Platz haben kann.

Nachdem ich diese beiden Video-Clips (Nr. 1 ist offiziell von Kurths Wahlkampf-Team, Nr. 2 nicht) gesehen habe, geht der Hippness-Punkt eindeutig an den CDU-Kandidaten. Ob die Stimme auch an ihn geht, ist abzuwarten.



Das Verhalten geschlechtsreifer Gamer in der Realität

Ob die Gamescom nun ein realer Ort ist oder nicht, kann man so leicht nicht sagen. Die Messehallen wirkten am Sonntagmittag wie die tausendfache Potenzierung des Giga-Centers am Rudolfplatz. Wie ein Autoscooter ohne die Scooter. Das heißt, es ist laut, bunt und hysterisch. Und am Sonntagmittag viel zu voll.

Ich will jetzt gar nicht über die zahlreichen Computer-Nerds lästern, die man dort sieht (und die immer noch nicht kapiert haben, dass bedruckte T-Shirts aus dem EMP-Katalog spätestens out sind, seit Elton sie trägt), dazu habe ich nicht wirklich das Recht als jemand, der sich im Star Wars-Shirt mit Clonetroopern fotografieren lässt.

Mir ist aber aufgefallen, dass die Computerspielfreunde auf manche Dinge in der Realität anders reagieren, als wenn sie ihnen im virtuellen Raum begegnen würden.

Werbung zum Beispiel. Auf der Gamescom wird aus allen Ecken wie am Karneval Zeug in die Menge geworfen - mit dem Unterschied, dass man mit Kamelle etwas anfangen kann, mit dem Gamescom-Kram nicht. Da werden zum Beispiel billige Tastaturen verteilt, die deutlich schlechter sind als die, die man eh zu Hause hat. T-Shirts mit Firmenlogos oder schlecht aufgedruckten Fotos - wer will die ernsthaft anziehen? (Dann doch lieber die EMP-Shirts, die lösen sich wenigstens nicht nach der ersten Wäsche auf.) Am inflationärsten geworfen werden Kugelschreiber und Aufkleber, Aufkleber, Aufkleber.

In der virtuellen Welt nennt man solch aufdringliche Werbung ohne echten Gegenwert Spam. Ich kenne keinen Computerspieler, der begeistert seine Spammails öffnet und begierig das haben will, was da versprochen wird. In der Realität das Gegenteil: Massenauflauf, wenn es rigendwo Aufkleber gibt. Beinahe-Schlägereien um ein T-Shirt. Mordgedanken für eine Tastatur.

Auf diesem Bild ging es zum Beispiel darum, ein T-Shirt zum Spiel "DJ Hero" zu fangen. Rockkonzert-Atmo, weil Hunderte Gamer scharf darauf sind, unbezahlte Werbeträger zu werden... In der World of Warcraft würden die meisten von ihnen wahrscheinlich nicht so leicht auf billige Tricks reinfallen.

Der zweite Punkt sind die Warteschlangen. Über zwei Stunden steht man am Sonntag etwa an, um eine Präsentation des Spiels "Diablo III" anzusehen. Ähnlich lange wartet man bei "Star Wars" oder "Halo 3". Gut, das sind die Hauptattraktionen des Gamer-Rummelplatzes, und im Phantasialand dauert es auch oft recht lange, bis man in der Achterbahn sitzt. Aber man sitzt nach dem Warten immerhin dann in einer Achterbahn! Auf der Gamescom gibt es nur etwa 15-minütige Werbe- und Making-Of-Videos zu den Spielen zu sehen. Und die werden wenige Tage später sowieso im Internet abrufbar sein.

Im Netz würde kein Computernutzer zwei Stunden vor dem PC ausharren und den Ladebalken anstarren, der im Schneckentempo breiter wird, während das Video runterlädt. Dort sähe das wahrscheinlich eher so aus:




Zum Glück verhalten sich Gamer in der Realität anders. Und beweisen dadurch doch auch, dass sie trotz "Killerspielen" nicht Amok laufen, wenn sie nicht sofort das bekommen, was sie wollen.

Samstag, 22. August 2009

Straßen-Wahlkampf

Heute: Die Subbelrather-Straße (nähe Fernsehturm)

Die Sprayer der Gegend plädieren für die Linkspartei. Die Plakate der anderen Parteien wurden jedenfalls alle "bestatemented" (mal eine Alternative zu "getagged"):











Selbst die zweite fiktive Partei nach der HSP - Die Fabelhafte Partei der Amélie (FPA) - wird abgelehnt:

 

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